Hört auf Kinder an Erwachsenenstandards zu messen!

Verfasst von Justine Holly am .

Es scheint als hätte das Erwachsenen Hirn ein Problem damit Kinder Kinder sein zu lassen. Ein afrikanischer Stamm, leider habe ich den Namen vergessen, reagiert selten auf dem ‚Fehlverhalten‘ der Kinder in dem Glauben, Kinder hätten noch keine bewussten Gedanken und könnten deshalb ihre Impulse nicht steuern. Ich mag diese Art zu denken, denn junge Kinder können und sollten ihre Impulse tatsächlich nicht steuern – das Ausprobieren, ähnlich des Vorganges „ Versuch und Irrtums eines Wissenschaftlers“, ist der Schlüssel zur Wissensaneignung und Erfahrungsschatz. Es ist Reif werden. Zu denken, „ich werfe dieses Essen besser nicht auf den Boden, obwohl ich sehr gerne sehen würde, ob es genauso plattsch macht wie das Essen gestern, weil Mama mich ja ständig daran erinnert, dass es ärgerlich ist, den Boden so oft zu säubern“ . Wäre undenkbar für ein Kind.

Kinder leben sich in ihre Welt ein, lernen die Gesetze der Natur, eignen sich soziale Fähigkeiten an (sehen immer unseren Reaktionen und Interaktionen gespannt zu) und empfinden Urvertrauen für unsere Einschätzung der Dinge. Wenn wir glauben sie sind nervig, bringen nichts Gutes zusammen, haben nur Blödsinn im Kopf, dann glaube mir…sie werden sich fügen und liefern.

Kinder am Maßstab der Erwachsenen zu messen, bedeutet zu erwarten, sie kalkulieren Konsequenzen, wie im Beispiel oben beschrieben. Es bedeutet, zu erwarten, dass sie sich beruhigen, sobald ihnen erklärt wurde, es gibt nichts wovor sie Angst haben brauchen. Es bedeutet die irrationale Angst zu negieren, anstatt das Kind hindurch zu begleiten und zu beruhigen. Sobald wir aufhören zu erwarten, dass Kinder sich wie Erwachsene benehmen, so entsteht Raum, sie zu sehen, wie sie sind, mit all ihren Motivationen, ihren Impulsen und Charakterzüge. Wir nehmen das, was sie wissen wahr und merken, was sie gerne erleben und untersuchen möchten. Unsere Rolle als Eltern wird klar – wo wir früher wie Polizisten vorgegangen sind, bieten wir jetzt Rat, Begleitung und Schutz. (Lese „Unerzogen Leben: Zurück zur Menschlichkeit“ hier)

 

Erwartest du, dass dein Zweijähriger sein Lieblingsspielzeug teilt, dann hast du den Erwachsenenstandard im Sinn.

 

Erwartest du, dass dein Dreijähriger dir sein unerfülltes Bedürfnis mit Worten mitteilt, dann hast du den Erwachsenenstandard im Sinn.

 

Erwartest du, dass dein Vierjähriger Ruhe gibt und sich fügt, dann hast du den Erwachsenenstandard im Sinn.

 

Erwartest du, dass Kinder ihre Bedürfnisse für das größere Glück beiseite tun, dann hast du den Erwachsenenstandard im Sinn.

 

Wenn ein Kind Panikbesessen weint, weil du es bei einem Babysitter lassen möchtest (ja selbst wenn es die Tante ist) und jemand sagt dir, „gebe diesem Verhalten nicht nach!“, so nimmt der Mensch an, das Kind würde sein Weinen kalkulieren und einen Plan aushecken, damit du bei ihm bleibst. Viele Menschen gehen davon aus, dass Kinder so denken wie Erwachsene und sich wie sie gefälligst benehmen sollten. Sie sollten tun, was man ihnen sagt. Sie sollten den Impuls zu weinen in Schach halten und sich endlich merken, dass sie nicht in Gefahr sind und, dass alles gut wird.

 

Entgegne ruhig, „halte mein Kind nicht am Maßstab eines Erwachsenen. Er hat Panik. Er versteht nicht was geschieht. Er braucht einen Moment, um anzukommen und dir wieder zu vertrauen. Er hat ein schwachausgeprägtes Gefühl für lineare Zeit, denn er ist erst vier. Seine Schreie sind genauso dringend, wie sie klingen. Er ist kein Objekt, sondern ein denkender, fühlender und emotionaler Mensch, der gerne als solcher angesprochen werden möchte.“

 

Erwachsene messen Kinder nicht nur an Erwachsenenstandards, sondern stellen auch höhere Erwartungen, die sie selber selten erfüllen.

 

Von Kindern wird erwartet, dass sie Gespräche nicht unterbrechen, sich niemals unhöflich bei schlechter Laune äußern, nicht brüllen oder schreien, dankbar sind, artikulieren, was ihnen Ärger bereitet, auf dich fokussiert sind, wenn du redest, ihre Sachen teilen, stets vergeben, etc… aber wie sieht es bei dir aus? Unterbrichst du nie jemanden? Bist du immer dankbar? Brüllst du nie? Bist du immer fokussiert, wenn dein Kind mit dir spricht?

 

Warum sollten Kinder an einem höheren Standard als Erwachsene gemessen werden und wieso sollten sie korrigiert oder gar bestraft werden, wenn sie es mal nicht schaffen? Sollten wir nicht eher auf unsere Defizite schauen und daran arbeiten so ein Mensch zu werden, der wir gerne wären? Ich denke schon. Und da haben wir einen weiteren Grund, weshalb die modernen Methoden der Erziehung überbewertet und überflüssig sind.

 

Es ist, sozial gesehen, akzeptabel einen schlechten Tag zu haben, schlechte Laune zu haben oder den Auswirkungen des Stress zu unterliegen, also wieso um Himmels Willen sollten Kinder nicht ebenfalls von Zorn, Ärger und Bestrafung freigestellt sein? Von Kindern wird erwartet zu tun was ihre Eltern sagen, nicht das, was sie tun…der Fehler hier ist, dass Kinder so nicht lernen. Sie imitieren. Sie müssen ihre soziale Umgebung nachahmen, wie sonst sollten sie sich zu ausgereiften Menschen entwickeln? Wieso sollten sie annehmen oder glauben, das Verhalten ihrer Eltern wäre fehlerhaft?

 

Unser Platz als Eltern ist es, ein gutes Beispiel zu setzen. Unsere Rolle ist eine des liebevollen Begleiters, unser Fokus ist auf die vertrauensvollen, respektvollen Beziehungen die wir pflegen. Wir sind Vorbilder, ob wir es mögen oder nicht. Also anstatt unsere Kinder durch Beschämen und Manipulieren zu dem zu machen, was wir nicht sind, sollten wir es selber anstreben so zu sein.

 

I invite you to take your liberty and join the revolution!

 

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